Ein Praxisbericht zum Thema Rückführung und Neu-Erleben der Geburt:
Ich bin sehr dankbar. Das Leben schenkt mir in meiner Arbeit magische und erfüllende Erfahrungen: Weil so viele Menschen mir ihr Vertrauen schenken, sie in ihrer Entwicklung, in ihrem Wachstum und in ihrer seelischen Heilung zu begleiten.

Hier die wunderbare Erfahrung, die ich gemeinsam mit einer dreiköpfigen Familie machen durfte:
«Die neu erlebte Geburt» – mit Anna (Mutter), Patrice (Vater) und Etienne (Sohn 4-jährig).

Die Absicht bei dieser Arbeit war, die – mit Etiennes schwieriger Geburt – verbundenen Traumata bei allen drei Beteiligten zu lösen.

Etiennes Geburt

Etienne hatte eine schwere, langwierige Geburt. Der Geburtsvorgang dauerte mehrere Tage. Statt aus eigener Kraft in die Welt zu treten, wurde er schlussendlich mit der Saugglocke in die Welt gezogen.

Auch für Anna und Patrice war dies eine schmerzliche Erfahrung. Patrice war damals mit seiner Rolle als werdender Vater völlig überfordert. Anna hatte sich während der Geburtsprozedur ohnmächtig und hilflos gefühlt.

Der Lösungsansatz

Die Eltern fragten mich an, ob wir in einer Sitzung mit allen Drei, Etiennes Geburtstrauma lösen können. Ich entschloss mich, alle drei auf meinem magischen, runden Teppich in der Praxis in Etiennes Geburtsstunde zurück zu führen. Dieses Vorgehen ermöglicht das Nacherleben der Geburt und der damit verbundenen Gefühle aus sicherer zeitlicher Distanz.

Das Nachfühlen vergangener Ereignisse, setze ich gerne ein, weil sich damit Blockaden, Traumata und andere seelischen Verletzungen leicht lösen lassen. Oft kommt es auch zu einer Neubeschreibung der erinnerten Vergangenheit, welche die Heilung des Traumas sogar verstärkt.

Die Vorbereitung

Bevor wir begannen, erklärte ich, was wir tun werden. Auch Etienne erklärte ich, dass wir in die Zeit zurück reisen werden, und er seine Geburt nochmals nachspielen dürfe. Er gab sein Einverständnis und hielt dabei sogar lachend den Daumen hoch.

Der Teppich diente als Geburtsraum (eine Art Gebärmutter für Etienne und als Gebärsaal für die Eltern). Anna setzte sich in die Mitte des Teppichs. Patrice an ihrer Seite. Ich sass ausserhalb. Etienne wollte zuerst noch nicht in den Geburtsraum und setzte sich neben mich hin. Daraufhin liess ich ihn eine Puppe als Stellvertreter für sich auswählen, und gab sie Anna. Anna nahm die Stellvertreter-Puppe an ihren Bauch. Wir waren nun in der Geburtsstunde angelangt. Der Prozess konnte beginnen:

Es geht los

Zuerst arbeitete ich mit den Eltern: Anna fühlte keine Unterstützung durch ihren Mann. Patrice erklärte, er sei völlig überfordert, Vater zu werden. Auf die Frage, was Anna braucht, bat sie ihren Mann, hinter ihr zu knien, und seine Hände auf ihre Schultern zu legen. Er tat dies. Umgehend teilte er mit, dass ihn das selbst auch stärke.

Ich bat beide, sich in ihrer Vorstellung über ihr Herzchakra zu verbinden, und diese Verbindung zu spüren. Es gelang beiden rasch und gut: Anna fühlte nun die Präsenz ihres Mannes. Sie gewann Vertrauen in die anstehende Geburt. Auch Patrice fühlte sich nun angenehm in seiner Rolle. Er war ebenfalls im Vertrauen auf einen guten Ausgang der Geburt. Wir warteten.

Plötzlich – einem inneren Impuls folgend – kroch Etienne in den Geburtsraum zu seiner Mutter. Er legte sich in ihren Schoss (in die Gebärmutter). Es war sehr berührend. Nun war auch Etienne in der Geburtsstunde angekommen. Die Stellvertreter-Puppe hatte ihren Dienst getan.

Alles geschieht zu seiner Zeit

Es war mir wichtig, allen Dreien zu sagen: «Alles, was nun geschieht, folgt einem natürlichen Prozess, der weder verzögert noch beschleunigt werden kann. Nichts kann erzwungen werden, alles darf geschehen.» Ich machte auch Etienne klar, dass er sich so viel Zeit nehmen darf, wie er benötigt, um auf die Welt zu kommen. Dies war neu für ihn. Denn in seiner (unbewussten) Erinnerung hatte er sich nicht die Zeit nehmen können, die er brauchte. Er wurde ja mit der Saugglocke in die Welt gezogen. Vielleicht würden wir heute diese Ereignisse zu seinen Gunsten umschreiben können.

Kleinkinder sind vollkommen bewusst. Sie nehmen alles wahr, was in ihrer Umgebung geschieht. Ungefiltert und klar. So hat auch Etienne, vielleicht nicht meine Worte verstanden, doch mit Sicherheit deren Bedeutung.

Der erste zaghafte Versuch

Wir warteten. Plötzlich umarmte Etienne seine Mutter, liess sie los, und kroch langsam Richtung Ausgang auf mich zu (ich war mittlerweile in die Rolle des Arztes gegangen, der am Ausgang wartete). Am Rand des Teppichs (am Ausgang in die Welt) stoppte er, und streckte mir bloss seine Hand über den Rand hinaus entgegen.

Bei seiner realen Geburt wäre dies der Zeitpunkt gewesen, an dem der Arzt Etienne mit der Saugglocke herausgezogen hat. Jetzt durften die Ereignisse umgeschrieben werden. Statt Etienne also an seiner Hand (bildlich gesehen die Saugglocke) heraus zu ziehen, berührte ich diese nur kurz, und hiess ihn willkommen. Ohne irgendwelchen Druck auszuüben.

Etienne hielt eine Weile meine Hand; zog sie darauf vorsichtig wieder zurück und kroch wieder zu seiner Mutter in den Schoss (also zurück in die Gebärmutter). Er war noch nicht bereit, in die Welt zu treten. Anna meldete mir zurück, sie sei völlig überfordert. Sie wurde ungeduldig und wusste nicht, was zu tun ist. Doch Patrice fühlte Vertrauen in sich, dass es gut kommt. Dies half Anna, sich zu beruhigen.

Warten, bis die Impulse kommen

So warteten wir weiter. Ich spürte in mir, dass der richtige Zeitpunkt für Etienne geboren zu werden, kommen würde. Dies teilte ich so auch mit. Der Vater bestätigte mein Gefühl und auch Anna kam weiter in ihr Vertrauen.

Plötzlich ging alles sehr schnell und wie magisch geführt: Ich hatte plötzlich den Impuls, Anna zu bitten, zusammen mit Etienne ein bisschen nach vorne (Richtung Ausgang des Geburtsraums) zu rutschen. Sie tat dies, nachdem sie selbst auch diesen Impuls verspürt hatte. Unmittelbar darauf sagte Patrice, er wolle sich an den Ausgang setzen, um Etienne in Empfang nehmen. Er tat auch dies. Gemeinsam wartete er mit mir (Arzt) am Ausgang.

Jetzt ist es Zeit

Dann löste sich Etienne von seiner Mutter. Er kroch ganz langsam Richtung Ausgang. Am Ausgang wartete er jedoch. Er wusste nicht weiter und war sich unsicher. Dann hielt Anna instinktiv ihre Hände an Etiennes Fusssohlen, um ihm Rückhalt zu geben, falls er sich mit den Füssen abstossen wollte, um durch den Ausgang zu gelangen. Dies tat Etienne auch. Instinktiv. Er strampelte sich mit dem Rückhalt seiner Mutter durch den Ausgang, wo er von seinem Vater in Empfang genommen und in eine wärmende Decke gewickelt wurde. Willkommen im Leben, Etienne.

Willkommen in DEINEM Leben, Etienne

Es war ein wunderbares Erlebnis. Eindrücklich war besonders, wie einfach und ganz natürlich es plötzlich ging. Gleich nach Etiennes Geburt kam Anna hinzu, und nahm ihn in ihre Arme. Auch gab sie ihm aus der Flasche zu trinken.

Die (umgeschriebene) Geburtserfahrung war nun erfüllt. Es war eine ganz natürliche Geburt, ohne Komplikationen und im Tempo von Etienne. Etienne war erschöpft, doch ruhig. Er fühlte sich geborgen. Vater und Mutter strahlten voller Freude. Eindrücklich und wunderbar. Danke für diese Erfahrung.

Erklärung

Das natürliche Nacherleben von Etiennes Geburt ist für alle drei Beteiligten heilsam:

  • Für Etienne, weil er nun erfahren durfte, dass er aus eigener Kraft aus dem Geburtskanal kam, statt mit Hilfe der Saugglocke. Auch weil er nun SEINE Zeit für SEINE Geburt wählen durfte. Diese Erfahrung wird ihm für künftige wichtige Lebensentscheidungen bewusst/unbewusst helfen.
  • Für Anna, weil sie nun Ohnmacht und Hilflosigkeit mit Ur-Vertrauen eintauschen durfte. Dies wird ihr helfen, die anstehende Geburt ihres zweiten Kindes voller Vertrauen und Zuversicht zu erleben.
  • Für Patrice, weil er durch diese erneute Geburt voll und ganz in seine Kraft als Vater und Mann kommen durfte. Und vor allem in Kontakt mit seinem Ur-Vertrauen.
Die Seele kennt den Weg und die Zeit

Erstaunlich ist es immer wieder, wie die Seele eines Menschen bereit ist, vergangene schmerzliche Episoden nochmals zu durchleben. Im Wissen, dass sie dadurch heilt. Arbeiten, wie diese, machen es möglich. Dann, wenn die Seele dazu bereit ist. Wunderschön.

Dieser Bericht entstand mit freundlicher Genehmigung von Anna und Patrice (Namen geändert). Dafür herzlichen Dank.

Willkommen im Leben
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