Ein Praxisbericht zum Thema “seelische Schmerzen”.

Eine Kundin hatte ihren Neffen aus Österreich zu Besuch. Um die 20 Jahre alt. Er befand sich in psychiatrischer Behandlung, weil er sich selbst Schmerzen zufügte. Die Kundin fragte mich, ob er zu mir kommen dürfe. Ich entgegnete, dass dieses Thema sehr komplex sei und ein einzelner Besuch wohl nichts bringen würde. Trotzdem kam er.

Er erzählte mir, dass er im letzten Jahr von 2 Partnerinnen verlassen worden war. Den Schmerz darüber hielt er nicht aus. Er fühle ein starkes Pressen in der Brust, welches ihn zur Verzweiflung bringe. Um diesen Schmerz nicht zu spüren, fügte er sich an anderer Stelle heftigere Schmerzen zu. Wie und was er tat, sei hier nicht erwähnt.

Er erzählte mir, dass ihn dieses Zufügen von Verletzungen beruhige.

Sein Psychiater hatte ihm geraten, nach seinem Besuch in der Schweiz mit Psychopharmaka zu beginnen, damit er mit den Selbstverletzungen aufhöre. Er wollte das nicht, sah aber keinen anderen Ausweg.

Aus einem Impuls heraus stellte ich zwei Figuren auf den Tisch vor uns. Die eine repräsentierte ihn und die andere stand für „die wahre Ursache“ des Schmerzes. Ich vermutete, dass die Trennung von den Partnerinnen einen früher erlittenen Urschmerz neu aufgerissen hatte. Deshalb „die wahre Ursache“.

Dann nahm ich „die wahre Ursache“ vom Tisch. Er reagierte mit Schmerz, doch gab er sich ihm für kurze Zeit hin. Ich war tief berührt, wie dieser junge Mann offen war für diese tief gehende Arbeit.

Dann stellte ich „die wahre Ursache“ wieder auf den Tisch. Sein Schmerz ließ umgehend nach. Diesen Prozess wiederholten wir einige Male. Plötzlich sagte er mir: „Ich möchte diese Figur nicht mehr auf dem Tisch haben.“ Das war das Ende der Sitzung.

Einen Tag später meldete sich seine Tante wieder und vereinbarte einen neuen Termin. Ihr Neffe wollte nochmals kommen.

Der Termin fand drei Tage später statt. Der junge Mann erzählte mir, dass er deutlich weniger Schmerzen in der Brust verspüre. Er habe sich seit der ersten Sitzung auch nicht mehr selbst verletzt. Doch sei noch nicht alles gut.

Wir redeten einfach. Ich erzählte ihm, was mir intuitiv in den Sinn kam. Ich ließ mich sozusagen von meiner inneren Weisheit lenken. Ich erinnere mich an kein einziges Wort. Das geschieht mir manchmal, wenn ich intuitiv spreche.

Plötzlich nahm ich in ihm einen inneren, befreienden (emotionalen) Knall wahr, als ob etwas geplatzt wäre. Gleichzeitig stieß er einen Laut von sich und atmete tief aus. Wir redeten noch ein bisschen und beendeten die Sitzung.

Er ging zurück nach Österreich.

Vier Wochen später erhielt ich eine E-Mail von seinem Vater: Sein Sohn sei wie ausgewechselt. Er ginge wieder ins Gymnasium und sei voller Lebensfreude. Keine Selbstverletzungen mehr, keinen Druck auf der Brust. Keinen Psychiater, keine chemischen Präparate.

Ich muss zugeben, ich hätte das damals nie für möglich gehalten und war ungläubig überrascht. Ich rief sogar seine Tante an, um zu fragen, ob das wirklich stimme. Sie bestätigte.

Erklärungen dazu:

Zum ersten Sitzungstag: Im Seelencoaching ist es nicht immer notwendig, Ursachenforschung zu betreiben, also herauszufinden, was wirklich die Ursache war. Es genügt, sich dem hinzugeben, was ist. In diesem Fall dem Schmerz.

Zum zweiten Sitzungstag: Heilung kann auch „bloß“ durch ein Gespräch stattfinden. Worte enthalten eine starke schöpferische Kraft.

Diesem tollen jungen Herrn gebührt ein Riesenkompliment. Er war unbedingt gewillt, sein Leiden zu lösen. So hat er sich in diese Arbeit geschickt und sich dem hingegeben, was geschieht. Herzlichen Dank dafür. Ich bin noch heute berührt, wenn ich daran zurück denke.

(Mit freundlicher Genehmigung ck)

Selbstverletzung