Ein Praxisbericht zum Thema Partnerschaft:

Erfahrungen aus der Kindheit wirken sich auf unsere Beziehungen aus.

Die Frau schilderte mir in der Sitzung ihre oft heftigen Wutausbrüche gegen ihren Partner. Es gebe dafür keine rationalen oder offensichtlichen Gründe.

Ich bat sie aufzustehen und in die Mitte des kreisrunden Teppichs in meinem Raum zu stehen. Auf diesem Teppich baute ich dann ein Heilfeld auf. Das ist ein Energiefeld, welches lösend auf die Person einwirkt, die darin steht.

Wir warteten. Vorerst geschah nichts.

Die Frau sagte: „Ich spüre nichts.“

Wir warteten weiter.

Plötzlich wurde sie traurig. Dann kamen Erinnerungen an Ereignisse aus ihrer Kindheit hoch: Als kleines Mädchen war sie für zwei Wochen bei Onkel und Tante in den Ferien. Offensichtlich wurde sie von beiden während dieser Zeit erniedrigt, verhöhnt und ausgelacht.

Sie wurde trauriger.

Ich wartete und ließ geschehen.

Nach diesem Prozess stieg Wut hoch. Die Frau wollte allerlei Schimpfwörter für Onkel und Tante verwenden, doch hielt sie sich beschämt die Hand vor den Mund und schaute mich fragend an.

Ich sagte: „Nur zu, was ausgesprochen werden will, soll ausgesprochen werden! Dafür bist du heute da. Das kleine Mädchen in dir, welches diese Erniedrigungen ertragen musste, ist dir dankbar, wenn du Klarheit schaffst.“

Sie zögerte noch. Dann legte sie los. Sie begann mit Onkel und Tante zu schimpfen und ließ alles raus, was rausgelassen werden wollte.

Danach wurde sie ruhig und atmete erleichtert aus.

Und wieder warteten wir. Noch immer stand sie in der Mitte des Teppichs.

Dann kam erneut Traurigkeit hoch. Diesmal war es eine andere Traurigkeit: Die Traurigkeit am Anfang der Prozessarbeit war Traurigkeit über die damals erlebte Ohnmacht. Die jetzige Traurigkeit war der Ausdruck der seelischen Verletzung, die aus den Ereignissen bei Onkel und Tante entstanden war.

Jetzt fühlte sie den damals erlittenen Schmerz. Dieser wollte endlich gefühlt werden und machte sich deshalb mit Wut auf den Partner bemerkbar. Das war die Heilung.

In der nächsten Sitzung (ca. 5 Wochen nach dieser Arbeit) teilte die Frau mir mit, dass sie seit dieser Heilarbeit keine Wutanfälle gehabt hatte. Die Wut auf ihren Partner sei einfach weg.

Erklärungen

Das kleine Mädchen konnte sich damals nicht gegen die Erniedrigungen von Onkel und Tante wehren. Die Wut über die erfahrene Ungerechtigkeit und den Schmerz über die damit verbundene seelische Verletzung schluckte sie damals aus Hilflosigkeit und Ohnmacht einfach runter: „Ich darf nicht böse sein und Schimpfwörter sind verboten.“ Mit der Zeit ging die Erinnerung an diese Ereignisse verloren. Die seelische Verletzung wurde wegparkiert. Doch im Verborgenen war sie noch aktiv.

Viele Jahre später wollte diese Verletzung heilen. Sie machte sich mit Wut bemerkbar. Offensichtlich spiegelte ihr Partner der Frau etwas, was die unterdrückte Wut zum Vorschein brachte. Das kann eine Geste sein oder eine bestimmte Körperhaltung, die dem Onkel oder der Tante ähnelten. Dies genügte bereits, um die damals unterdrückte Wut zu aktivieren und (unbewusst) am Partner auszuleben.

Als in der Sitzung die Erinnerung an den Aufenthalt bei Onkel und Tante wieder in das Bewusstsein der Frau trat, war es ihr möglich, ihre Wut und den dahinter verborgenen Schmerz dort zum Ausdruck zu bringen, wo er entstanden war: bei Onkel und Tante.

Der Einfluss früherer Erfahrungen auf das Leben in Beziehungen

Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass gerade in einer Partnerschaft ungelöste Themen aus früheren Erfahrungen aktiviert werden. Beziehungen gelingen oft besser, wenn sich beide Partner dessen bewusst sind. So können Unstimmigkeiten und Krisen in der Partnerschaft ein Anlass sein, seelisch und persönlich zu wachsen. Beziehungen gewinnen dadurch auch an Nähe und Vertrauen.

(Mit freundlicher Genehmigung na)

Wut auf den Partner